Presse-Downloads

Zum Kinostart am 17.11.2005

Süddeutschen Zeitung, 21.11.2005
Autorin: Anke Sterneborg
Die Rastlosigkeit dieser Einsamen und Verzweifelten findet ein Ventil in der Bewegung der Fahrt.

Der Film ist ein Experiment und ein Abenteuer, in der Arbeit und wie er konzipiert und dann gedreht wurde, immer in Bewegung, mit komplizierter Kameraarbeit auf Laderampen und im Zweitwagen. Dass das so gut funktioniert, hat mit dem feinen Gespür für die Nuancen des Spiels auf engstem Raum zu tun, beispielsweise bei Uli Matthes, der schon wieder einen dieser verkorksten, schwierigen und einsamen Männer spielt, denen die Stimmung oft abrupt zu kippen droht – in einem Moment ist er freundlich zuvorkommend und verständnisvoll, im nächsten unverschämt und ausfallend. Oder bei Ivan Shvedoff, der in „Lichter“ einen politischen Flüchtling spielte, hier schwitzend auf dem Drahtseil des Lebens balanciert. „Die Kunst der Regie besteht in der Verführung“, sagt der Regisseur Nicolai Albrecht, „der Schauspieler muss immer denken, er macht das selbst.“

Die Monotonie des Fahrens verbindet sich in diesem Film mit der Erregung der geballten Wochenenderwartung, in einem beschwingten Rhythmus, elektrisierender Leichtigkeit.

Filmdienst 16/2005
Autorin: Felicitas Kleiner
Ein bezeichnendes Motiv war die Straße bzw. die Reise etwa in „MITFAHRER“, einem wunderbaren Episodenfilm von Nicolai Albrecht über Menschen, die durch die Vermittlung einer Mitfahrzentrale gemeinsam im Auto nach Berlin und wieder zurück reisen. Das Gefühl der Unbehaustheit, der Unterwegs- oder auch Getriebenseins wird in solchen Anklängen ans Road Movie eindrücklich visualisiert und zeigt Deutschland als einen Ort, wo feste Perspektiven und verlässliche Standorte rar geworden sind. Positiv gewendet, erscheint hier ein Land im Aufbruch: Es bewegt sich etwas!

Zitty 24/2005
Autor: Phillip Wüschner
Für eine begrenzte Zeit verbinden sich ihre Leben zu einem Straßennetz: Sie sind einander ausgesetzt, hassen sich, lieben sich, sind sich egal. Für die paar Stunden lohnt es sich nicht mal, sich zu verstehen – man sieht wahre Gesichter.

Nicolai Albrechts Film ist so deutsch wie der Myhtos Autobahn selbst, nervt aber nicht. Die Zusammenarbeit mit drei Einzel-Autoren erzeugt auf magische Art eine Fremdheit zwischen den Figuren. Man sitzt zusammen im Auto und sieht sich höchstens von der Seite. Der Film könnte mit Ankunft in Berlin enden. Albrecht ließ es sich aber nicht nehmen, seine Figuren in neuer Konstellation wieder zurück fahren zu lassen. Das ist ein bisschen konstruiert, aber es ist ein schönes, unterhaltsames Konstrukt. Zudem ist der Streifen mit Ulrich Matthes (Der neunte Tag), Michael Ojake (dem schwarzen Fussballstar aus Befreite Zone) und der hochtalentierten Anna Brüggemann (Kleinruppin forever, Oktoberfest) bestens besetzt. Einige der von ihnen gespielten Figuren bleiben auf der Strecke, andere kommen an.

Der Weg ist das Ziel.

Die Welt, 17.11.2005
Autor: Eberhard von Elterlein
...und für Nicolai Albrecht ist das „Mitfahren“ eine Metapher: Die Menschen, von denen er erzählt, erhalten erst durch diese Mitfahrer eine neue Perspektive und eine neue Erklärung für ihr Leben. Die kleinen Dramen, die der Regisseur zwischen Tankstellen und Staustellen, Landstraßen und Nachtfahrten entfaltet, sind jedes für sich ein kleines Stück großes Kino, das sich im lockeren episodischen Reigen zum Sittenbild aus dem modernen Deutschland verdichtet.

Tagesspiegel, 17.11.2005
Autor: Jan Schulz-Ojala
Geschlossene Gesellschaften. Zufallsdreiecke zwischen Menschen. Und die Autos. Käfige, in denen man mehr oder minder Haltung bewahrt.

...Eher Skizzen als Geschichten versammelt „MITFAHRER“ , das liegt in der Natur des Themas, und will jenen seltsamen Urgrund menschlicher Nähe ausloten, die aus einem Nichts entstehen und in diesem Nichts gleich wieder verschwinden kann. Ein lästiges Nebeneinanderher, das unvermutet einen Augenblick der Wahrheit gebiert.

Ein Füreinander-Interessiertsein, das plötzlich ins Leere stiert. Eine markerschütternde Einsamkeit, die sich – von „Kein Thema!“ zu „Kein Thema!“ – mitten im Geschwätz offenbart.

Taz, 17.11.2005
Autor: Dietmar Kammerer
Dass „MITAFHRER“ von allem an der Konstruktion und Ausleuchtung mikrosoziologischer Dramen interessiert ist, ist seine Stärke. Dass er sich nicht zu beschränken vermag, seine Schwäche. Wie in einer Laborsituation wird jede denkbare Personenkonstellation einmal unters Brennglas genommen, je nachdem, wer es gerade mit wem im Auto aushalten muss: der Manische mit der Zicke, der Neurotiker mit dem Schweigsamen oder dem ängstlichen Versager. Was wir über die Figuren wissen, können wir nur aus Dialogen erfahren und wenngleich die Schauspieler sich alle Mühe geben den begrenzten Raum auszureizen, der ihnen auf Vorder- und Rücksitz gelassen wird, so fallen im Ergebnis die einzelnen Erzählfäden zuweilen stark auseinander.

Spiegel Kultur, November 2005
Acht Leute in drei Autos sind an einem heißen Sommerwochenende unabhängig von einander auf dem Weg nach Berlin, um sich über Staus, das Leben und übereinander zu ärgern. Ein liebenswertes kleines Roadmovie aus Deutschland mit gut aufgelegten Schauspielern.

Player – Kinomagazin für Leipzig
Autor: Roman Klink
Als habe das Leben selbst Absurditäten und Momente des menschlichen Aufeinanderprallens beigesteuert, destillierte das Autoren-Trio Khyana el Bitar, Dagmar Gabler und Robert Löhr Anekdoten, die man so ähnlich vielleicht schon erlebt oder zumindest schon gehört hat. Ungewöhnlich ist dabei natürlich die Zweiteilung in Hin- und Rückfahrt, macht aber durchweg Sinn. Regisseur Nicolai Albrecht vollbringt dann das Kunststück, all die Themen des Lebens in die Innenräume der drei Autos einzubringen und den Figuren dennoch genügend Luft zum atmen zu lassen. Von den erstklassigen Darstellern vermag vor allem Ulrich Matthes Eindruck zu schinden. Er wurde für seine Bühnenarbeit von der Fachzeitschrift „Theater heute“ zum Schauspieler des Jahres 2005 gekürt und liefert auch hier eine beunruhigende Vorstellung.

„MITFAHRER“ gelingt die Gratwanderung, unterhaltsam und hintersinnig zugleich zu sein, genau beobachtet und zum Teil schmerzhaft real. „Es geht mir auf den Keks, das Leben unterwegs“ sang einst Deutschlands Lieblingsbarde Grönemeyer. Dies mag für den Reisenden selbst manchmal gelten. Wenn man den Weg als MITFAHRER im Kino antritt, warten jedoch ungewöhnliche 90 Minuten.

Leipziger Kreutzer, November 2005
Autorin: Maret Wolf
Über die Zweckgebundenheit der Zufallsgemeinschaften hinaus nähern sich die Figuren, dargestellt von einem überzeugenden Schauspielerensemble, auf verschiedene Weise einander an, öffnen sich, lassen die Begegnungen für ein Wochenende auf sich wirken, um sich danach wahrscheinlich nie wieder zu sehen. Diese Flüchtigkeit der Situationen inszeniert Nicolai Albrecht, in teils melancholischen, teils bittersüß-absurden Momentaufnahmen. Die Enge in den Fahrzeugen, wo Privatsphäre und Fremdheit gemeinsam schwitzen, steht dem faszinierenden Raum Autobahn gegenüber. Als seltsam verzauberter Ort, an dem sich täglich Leben, Lichter und Tausende Geschichten gleichzeitig kreuzen, ist sie auch Metapher für Mobilität oder Stillstand der ganzen Gesellschaft.

Die Drehbedingungen entsprachen wohl der Härte des Asphalts – umso erfreulicher, dass der Film als fast leichtgängiges Roadmovie über das Unterwegssein zu sehen ist. Bis zur Heimreise, bei der die Karten neu gemischt werden, hat fast jeder der Mitfahrer und ihr Publikum ein Stück Illusion verloren. Denn neue Freunde findet man nicht auf der Autobahn.

Filmstarts.de, November 2005
Autorin: Nicole Kühn
In seinem ersten abendfüllenden Spielfilm gelingt es Nicolai Albrecht durch seine verschiedene Charaktere, ein treffendes Stimmungsbild deutscher Befindlichkeit zu zeichnen. Ob Männlein oder Weiblein, ob jung oder schon älter, jeder ist unterwegs, auf der Suche nach einer Station, an der Halt zu machen sich lohnt.

Die Beziehungen, die viele von ihnen haben, verbergen hinter der äußeren Distanz oft nur mühsam eine innere Entfremdung. Der Ort des Geschehens, die Autobahn, ist anspielungsreich gewählt. Die deutsche Autobahn ist einerseits ein beeindruckendes Bauwerk, mit 12.000 Kilometern eines der größten der Welt, und noch dazu die Verheißung der Freiheit ohne Geschwindigkeitsbegrenzung. Wie jeder Freiraum steckt aber auch hier die Gefahr, sich zu verlieren, zu verirren und letztlich ziellos vorwärts zu drängeln. Was an Verbindlichkeit entsteht, gründet sich zunächst lediglich auf Geschäftliches und Zweckrationalismus. Selten wird der Versuch unternommen, daraus mehr entstehen zu lassen, und wenn, dann möglichst ohne eigene Sicherheit aufgeben zu müssen.

filmreporter.de, November
Regisseur Nicolai Albrecht, ein erprobter Mitfahrer, ist ein komisch-melancholischer Film gelungen, in dem das Schicksal acht einsamer Menschen skizziert wird. Mit großer Sensibilität weiß Albrecht die Charaktere zu skizzieren und deren Regungen auf engstem Raum zum Ausdruck zu bringen.

Filmecho, 45/2005
Autor: Roman Klink
Meisterhaft, wie Drehbuch, Kamera und Regie das Spielfeld abstecken, Charaktere skizzieren und erste Reibungspunkte streuen. Die schwüle Sommerhitze strahlt förmlich von der Leinwand ab und treibt unterschwellige Konflikte zum Ausbruch. Der Kosmos der Mitfahrgelegenheiten fungiert dabei als Katalysator, um mit klarem und teilweise schmerzhaftem Blick zwischenmenschliches Verhalten in unserer Gesellschaft, Einsamkeit, Vertrauen und Missbrauch, kurze Begegnungen und große Missverständnisse zu offenbaren.

Aus der großen Darstellerriege ragt vor allem Ulrich Matthes als Peter heraus, der es einmal mehr schafft, einen unheilvollen Charakter mit Brüchen und kurzen Sympathiemomenten zu entwerfen. ...es ist auf ganzer Linie ein gelungenes Debüt, das Nicolai Albrecht hier vorlegt. ...ein makelloser Film von internationalem Format.




Presse-Downloads


54. Berlinale Eröffnungsfilm der Holighaus-Reihe „Perspektive deutsches Kino“

Berliner Zeitung, 06.02.2004
Autor: Ralf Schenk
Unter den neuen deutschen Spielfilmen ragt Nicolai Albrechts „Mitfahrer“ weit heraus – ganz sicher wegen der souveränen Dramaturgie, aber auch, weil seelische Befindlichkeiten der Generation zwischen 16 und 30 sehr genau auf den Punkt gebracht worden sind.

Die drei Episoden, die der Regisseur von drei Autoren aufschreiben ließ und dann kunstvoll ineinander verwob, erzählen von einem weit verbreiteten Alleinsein bei gleichzeitigem Tasten nach Geborgenheit, Zärtlichkeit, vielleicht sogar Liebe. Die Figuren des Films mieten sich für wenige Stunden in ein Auto ein, ihre Biographie tangiert für kurze Zeit die von unbekannten anderen. Die äußere Bewegung und die Suche nach etwas, das mit „Wärme“ nur unvollkommen zu beschreiben ist, gehen eine merkwürdige Liaison ein. Dabei verwandelt sich Fremdheit in Nähe, die im Handumdrehen wieder zerstört sein kann. Kaum jemand ist dazu fähig, das auszudrücken, was ihn wirklich beschäftigt; viele tragen eine Maske, die zwar längst Schmerzen bereitet, ohne die zu agieren aber erst wieder neu erlernt werden muss. „Mitfahrer“ balanciert auf dem schmalen Grat zwischen Komödie und Melodram; unter den acht Hauptfiguren gibt es keine einzige uninteressante: ein berührend verdichtendes Zeitbild.

Tagesspiegel
Autorin: Christina Tilmann
Von leichter Hand komponierte Short Cuts. Ein würdiger Eröffnungsfilm für eine junge, hoffnungsvolle Festivalreihe