18.06.2003 / Mittwoch

Zwischenfall auf der A9: Es kommt zu einer Drehverzögerung, weil die Polizeiwagen, die uns eigentlich begleiten sollten, zu einem schweren Unfall gerufen werden. Ohne Polizei können wir unsere Traileraufnahmen allerdings nicht machen. Außerdem beginnt es zu regnen. Die geplanten Szenen haben allerdings Anschluß zu anderen Szenen, die wir bereits ohne Regen gedreht haben. Um nicht zuviel Zeit zu verlieren, entscheiden wir uns, die Einstellungen mit der Kamera im Auto zu drehen. Dafür brauchen wir keine Polizeibegleitung. Wir stehen unter großem Zeitdruck. Weit außerhalb Berlins haben wir die erste Szene fast abgedreht, als der Regen plötzlich aufhört. Schnell drehen wir um und fahren dem Regen hinterher, schaffen es gerade noch, die Szene im Regen abzudrehen. Später kommt die Polizei wieder und hilft uns, den geplanten Dreh mit Trailer zu Ende zu bringen.
Kurz vor Drehschluß entdecken wir noch einen riesigen Fussel in der Kamera, manche der Aufnahmen werden wir wahrscheinlich nicht benutzen können. Merkwürdiger Tag....


15.06.2003 / Sonntag

Rastplatz Avus: Eine umfangreiche Choreographie steht auf dem Programm. Die Szene erzählt, dass sich einige unserer Figuren zufällig zur selben Zeit an derselben Tankstelle befinden – wobei welche, die sich bereits kennen, einander nicht bemerken, und welche, die sich noch nicht kennen, aufeinandertreffen und dadurch neue Konstellationen untereinander eingehen. Die Auf- und Abgänge müssen deshalb extrem genau getimt werden.
Am Nachmittag kommen alle zu einem Teamfoto zusammen, vor der Kulisse des Funkturms. Sehr dekorativ!


13.06.2003 / Freitag

Autohof Schwante, anscheinend tatsächlich ein Unglückstag: Wir haben Probleme mit einem blauen Laster, der sich uns plötzlich mitten ins Bild stellt. Der Fahrer will partout nicht mehr wegfahren, beharrt auf seinem Feierabend. Er ist durch nichts in der Welt zu bewegen, sein Gefährt umzuparken. Wir geben auf, ihn umzustimmen, aber sind enttäuscht. Das Bild ist dadurch irgendwie verdorben. Es ist nicht immer einfach, mit den Situationen am Set umzugehen, die nicht völlig unter Kontrolle zu bekommen sind. Manchmal ergeben sich dadurch ungeahnte Glücksfälle, manchmal solche Vorfälle wie heute...


10.06.2003 / Dienstag

Dreh auf dem Gelände der Sprint Tankstelle an der Mecklenburgischen Straße. Das Motiv ist etwas schwierig, wir dürfen keine Behinderung des laufenden Betriebes verursachen, und bei der Tankstelle und der angrenzenden Waschanlage herrscht den ganzen Tag Hochbetrieb: Hier werden täglich mehrere Tausend Autos durchgeschleust! Wir haben zusätzliche Blocker engagiert, die den Verkehr auf dem Gelände bei Bedarf umleiten - zumindest eine Ausfahrt ist dadurch in unserer Hand, während wir drehen. Ein weiteres Problem ist, dass wir von allen Passanten die durchs Bild laufen, eine Rechteabtretung benötigen. Wir hängen an markanten Punkten große Zettel auf, mit denen wir auf unsere Filmaufnahmen hinweisen.


09.06.2003 / Montag

Ein kleines Team fährt los, um einen typischen Pfingstmontag-Stau aufzunehmen. Wir brauchen diese Bilder, um sie als „establishing shots“ mit den Bildern der Stauszene zu montieren, die wir auf dem Flughafen Groß-Dölln gedreht haben. Erst dadurch wird der Eindruck von einem ellenlangen Stau entstehen können. Von einer Autobahnbrücke aus gelingen uns eindrucksvolle Bilder, die Blechkarawane reicht bis zum Horizont.


02.06.2003 / Montag

Unser einziger Studiotag steht auf dem Programm. Die Rolle der Rosa wird von der 11-jährigen Marie-Terese Katt gespielt, die aufgrund ihres Alters nachts nicht drehen darf. Deshalb stellen wir eine sehr intensive Dialogszene, die in der Nacht spielt, im Studio nach: Das Auto wird von Thorsten, unserem Spezialisten für die Spielfahrzeuge, ab und zu bewegt, als würde es fahren. Auch die Kamera ist flexibel, hängt in einer Aufhängung, so dass sie ebenfalls die Fahrtbewegungen des Autos imitieren kann. Zwei Beleuchter sorgen für die Lichter des Gegenverkehrs, indem sie Scheinwerfer über das Auto schwenken. Wir arbeiten konzentriert und von der Außenwelt nahezu abgeschlossen. In der Dunkelheit und Kühle des Studios vergißt man fast, dass draußen Hochsommer ist. Immer noch 30 Grad!


01.06.2003 / Sonntag

Kirchentag! Heute hat der große Rückreiseverkehr eingesetzt. Wir sind auf dem Rastplatz Michendorf, um uns herum herrscht das reine Chaos! Bis zu Hundert Menschen gleichzeitig stehen an der Toilette der Tankstelle an, laufen unkontrollierbar durch unser Set. Wir haben nicht genug Blocker, um unser Set großzügig abzusperren. Schließlich setzen wir die Komparsen ein, die sich an den Händen fassen und eine Menschenkette bilden. Auf diese Weise können wir die Massen einigermaßen in Schach halten...


30.05.2003 / Freitag

Wie am Montag steht eine Mitfahrzentralenszene auf dem Programm, diesmal in der „Mitfahrzentrale Berlin“. In einem kleinen Laden in der Rognitzstraße wurde das Set eingerichtet. Heute ist es richtig heiß, um die 30 Grad, endlich hat auch uns der Sommer erfaßt, und wir erzählen ihn nicht nur! Um die Hitze für das Bild noch spürbarer zu machen, wird eine kleine Nebelmaschine eingesetzt –die Luft scheint zu flirren...
Abends ist Bergfest, die Hälfte des Drehs ist geschafft. Das Team versammelt sich im „Club der Visionäre“ am Flutgraben zwischen Kreuzberg und Treptow und feiert trotz Müdigkeit und Erschöpfung ausgiebig. Morgen ist drehfrei, da kann endlich mal wieder ausgeschlafen werden. Und laue Sommernächte wollen schließlich genutzt werden!


28.05.2003 / Mittwoch

Wieder bei Leuna, diesmal auf einer Zufahrtsstraße zur Raffinerie. Leider haben wir hier nicht so gute Ausgangsbedingungen wie gestern, auf dieser Straße können jederzeit Tanklastzüge entlangfahren, so dass wir ständig befürchten müssen, gestört zu werden. Danach noch Dreh auf einem Autohof...


27.05.2003 / Dienstag

Unser einziger Dreh außerhalb von Berlin und Brandenburg – ab heute stehen zwei Drehtage in der Nähe von Leuna/Sachsen-Anhalt an. Die Location ist wunderbar, wir filmen auf der Autobahn direkt vor der Raffinerie, in der Nacht ein beeindruckendes Lichtermeer. Wir haben die Genehmigung zu einer einseitigen Vollsperrung auf der A38 erhalten, phantastisch! Das gesperrte Autobahnstück ist ca. 5 Kilometer lang, und vom Set bis zur Basis sind ständig Fahrer unterwegs. Natürlich oft in der „verkehrten“ Fahrtrichtung, was einen Autofahrer auf der Gegenspur zu der Annahme verleitet, wir seien „Geisterfahrer“. Wir können das Mißverständnis schnell aufklären...
Wieder brauchen wir eine große Anzahl Autokomparsen, viele Freiwillige aus der näheren Umgebung haben sich zur Verfügung gestellt. Tonja, die Regieassistentin, koordiniert die Abfahrt der 20 Komparsenautos aus beiden Richtungen. Da das Zurückfahren der Autos auf ihre Ausgangspositionen immer Zeit kosten, ist hier von allen Beteiligten äußerste Konzentration gefordert. Vor allem, da in der heutigen Szene eine verwirrte, alte Dame über die Autobahn läuft und die Autos auf der sonst um diese Nachtstunde eher leeren Autobahn Gefahr und Belebtheit darstellen sollen. Um unnötiges Risiko zu vermeiden, haben wir ein Double für die alte Dame und einen Stuntfahrer engagiert. Zunächst ist es nicht ganz einfach, die Autos in ihren Abständen und Geschwindigkeiten richtig zu timen, aber nach und nach läuft es besser.


26.05.2003 / Montag

Dreh in einem ehemaligen Reisebüro am Mehringplatz in Kreuzberg, das Dunja, die Szenenbildnerin, zu einer (Kölner) Mitfahrzentrale umgebaut hat. Wände wurden eingezogen und gestrichen, die Fensterscheiben mit einem Schriftzug beklebt und die vollständige Inneneinrichtung herbeigeschafft. Um das ganze noch authentischer wirken zu lassen, kam Unterstützung von den „Kollegen“: Herr Bernzen von der Mitfahrzentrale „Mitfahr 2000“ hat uns sein Original-Computerprogramm zur Verfügung gestellt. Einer seiner Mitarbeiter ist außerdem den ganzen Tag vor Ort, gibt den Schauspielern Hilfestellung. Die sind allerdings nicht völlig ahnungslos, was den Alltag in einer Mitfahrzentrale betrifft, haben sie doch deren Mitarbeitern im Vorfeld einen halben Tag über die Schulter geschaut...


22.05.2003 / Donnerstag

Heute Dreh im Stellwerk Mühlenstraße auf dem nächtlich verlassenen Bahngelände. Ein Bürohaus der Deutschen Bahn wird zum Asylbewerberheim umfunktioniert. Der Oberbeleuchter, Ki Bun, und sein Team haben alle Hände voll zu tun, das weitläufige Set einzuleuchten. Parallel zu diesen Vorbereitungen drehen wir eine Einstellung in der Storkower Straße, das Spielauto auf dem Weg zum „Asylbewerberheim“. Es kommt zu Verzögerungen, weil das Auto noch nicht fertig eingerichtet ist. Nicolai, der Regisseur, weist währenddessen die Komparsen ein. Ich bin etwas ungeduldig, die Nacht ist nicht mehr lang, und wir haben noch ein ziemliches Pensum vor uns. Schließlich sind wir drehfertig. Chau, der Kameramann, nimmt auf dem Rücksitz Platz, filmt durch die Frontscheibe. Da kein Platz mehr im Auto und das Funksignal des Videobildes nicht weit genug reicht ist, läuft Nicolai mit dem Watchman in der Hand hinter dem Auto her. Manchmal etwas mühsam, der Job eines Regisseurs...


21.05.2003 / Mittwoch

Das letzte Mal Kranaufnahmen. Wir sind auf der A115, drehen eine Szene, in der eins unserer Spielautos auf dem Seitenstreifen hält und sich dann wieder in den Verkehr einordnet. Die Kranfahrt beginnt in dem Augenblick, in dem das Auto wieder losfährt, so dass es aus der Vogelperspektive gesehen eins unter vielen wird. Die Autobahn wird nur durch die Scheinwerfer erhellt, ansonsten versinkt das Bild ins Schwarz, sehr eindrucksvoll...
Auf dem Rückweg vom Dreh kommen wir in Dreilinden vorbei. Das „I“ von dem Schriftzug „KIOSK“ ist bereits abgefallen...


19.05.2003 / Montag

Auch heute macht uns das Wetter wieder einen Strich durch die Rechnung: Eigentlich sollte heute die Schlußszene des Filmes gedreht werden, in der eine Cabriofahrerin mitspielt, doch es regnet, und wir können die Szene deshalb nicht drehen. Wir müssen sie auf Juni verschieben. Stattdessen drehen wir einige Detailaufnahmen in einem der Spielautos.


15.05.2003 / Donnerstag

Uns steht eine der kompliziertesten Einstellungen des Films bevor. Auf der Avus sollen in einer einzigen Einstellung das Spielauto und der Funkturm durch eine Kranfahrt miteinander verbunden werden. Der Kamerawagen mit Kran fährt neben unserem Spielauto her, und wir müssen auf ein Stichwort im Spiel der Darsteller mit dem Kran nach oben fahren, damit wir die nächtliche Skyline mit dem Funkturm und dem Messegelände ins Bild bekommen. Es dauert eine Weile, bis das „timing“ zwischen allen stimmt. Die Nächte werden immer kürzer, es ist ein permanentes Arbeiten gegen die Zeit. Beim letzten Take klappt alles, und wir hoffen sehr, dass die Einstellung so geworden ist wie erhofft.


14.05.2003 / Mittwoch

Drehort ist der Bernsteinsee bei Velten nördlich von Berlin. Der See liegt direkt an einer Autobahnauffahrt und ist somit perfekt für uns. Hier soll eine intensive Liebesszene spielen. Es ist jedoch noch kälter geworden, für diese Nacht ist sogar Bodenfrost angesagt, die Eisheiligen machen uns zu schaffen. Laut Drehbuch sollen die Darsteller im See schwimmen. Wegen der Kälte ändern wir kurzfristig die Auflösung der Szene. Die Schauspieler halten sich nur kurz im Wasser auf. Nach den Takes rennen sie sofort in ein Zelt mit Gasheizern und heißem Wasser für ihre Füße. Die Decken und Jacken, die die Garderobieren sonst immer bereithalten, sind diesmal nicht möglich, da die Darsteller am ganzen Körper mit Glyzerin eingeschmiert sind, um das Wasser zu imitieren. Alle sind froh, als gegen Morgen endlich alles im Kasten ist.


13.05.2003 / Dienstag

Die Nacht ist so kalt, dass die Schauspieler Eis essen müssen, damit man ihre Atemwolken nicht sieht. Nicht einfach, bei diesen Temperaturen einen Film zu drehen, der im Hochsommer spielen soll.


12.05.2003 / Montag

Dreh auf der A11 – eine ausgefeilte Choreographie ist heute herzustellen. Ein Spielauto kommt aus einer Ausfahrt gefahren, während ein zweites direkt in diesem Augenblick die Autobahn entlangkommt. Die beiden Autos müssen exakt getimt werden, damit sie im richtigen Moment aufeinander treffen. Als endlich alles stimmt und wir drehfertig sind, fängt es an zu regnen. Wir bemühen uns, den Regen rauszuhalten, aber die Angst bleibt, dass wir die Wetterchronologie im Film nicht hinkriegen...
Drehtage auf der Autobahn im fließenden Verkehr sind an sich sehr speziell: Regie, Kamera, Continuity, Licht und Kamera- und Regieassistenz sitzen dicht gedrängt auf einer offenen Pritsche, das Spielauto wird hinterhergezogen. Den Spielvorgang können sie durch eine Videoauspiegelung sehen. Wegen Wind und immer wieder auftretenden Funklöchern ist die Kommunikation zwischen Schauspielern, Regie und Kamera allerdings oft sehr schwierig. Eine zusätzliche Schwierigkeit ist die Polizeibegleitung - gerade nachts wegen des Blaulichts. Wir versuchen, die Polizeiwagen durch zwei bis drei Produktionsfahrzeuge, die wir zwischen Spielauto und Polizei schieben, aus dem Bild zu halten. In diesen Wagen fahren Maske, Kostüm, Requisite und Aufnahmeleitung immer „standby“. Eine weitere Herausforderung ist, dass wir für Trailerfahrten häufig nur Genehmigungen für bestimmte Abschnitte auf der Autobahn haben. D.h. manchmal schaffen wir es, die Einstellung bis zur nächsten Ausfahrt ein- bis zweimal zu drehen. Dann müssen wir schon wieder wenden, zurückfahren und erneut wenden. Leider sind die Rückfahrten zum Ausgangspunkt häufig wegen Lichtanschluss nicht brauchbar. Für Inszenierungsarbeit oder Material-Umlegen ist also nur kurz an Parkplätzen oder den Ausfahrten Gelegenheit. Viel Zeit vergeht ungenutzt.


09.05.2003 / Freitag

Nachtdreh in Dreilinden kurz vor Berlin, dem früheren Treffpunkt aller Tramper, die nach Westdeutschland wollten. Heute stehen hier kaum noch Leute, die mitgenommen werden wollen, die meisten fahren inzwischen mit der Mitfahrzentrale. Unser Set liegt am Kiosk Dreilinden. Wir werden wohl die letzten sein, die hier jemals drehen, der Kiosk wird bald abgerissen. Die Tankstelle steht bereits seit einiger Zeit leer, die Atmosphäre ist ein wenig gespenstisch.


07.05.2003 / Mittwoch

Drei Tage Nachtdreh in Groß-Dölln, einem ehemaligen sowjetischen Militärflughafen 60 km nördlich von Berlin. Auf einer Landebahn wurde von Dunja, der Szenenbildnerin, eine Autobahn nachgebaut - mit Leitplanken, Begrenzungspfosten und Fahrbahnmarkierungen. Hier wird eine Stauszene gedreht, die wir auf einer Originalautobahn so nicht filmen könnten. Mit ca. 15 Komparsen, die um das Auto unserer Hauptdarsteller stehen, wird das „Leben“ im Stau inszeniert. Weitere Komparsen fahren auf der Gegenfahrbahn, um die Lichter des Gegenverkehrs zu imitieren. Nachts plötzlich heftiger Wind, wir legen eine Pause ein, weil die Scheinwerfer umzufallen drohen, sonst keine Zwischenfälle.


05.05.2003 / Montag

Heute abend ist Warm Up, das letzte Treffen sämtlicher Teammitglieder vor dem Dreh. Plötzlich taucht einer der Hauptdarsteller, Michael Ojake, mit einer stark blutenden Platzwunde über dem Auge auf, die er sich passenderweise beim Einsteigen ins Auto zugezogen hat. Tinka, die Maskenfrau, fährt ihn sofort ins Krankenhaus. Eine Stunde später ist er wieder da, alle atmen auf. Die Wunde ist versorgt worden, jetzt hat er ein Pflaster über dem Auge. Das werden wir wohl in die Geschichte einbauen...




Alle Fotos auf dieser Seite: Uwe Nusser